Eigenmietwert ade?
Der Eigenmietwert ist den meisten Eigentümern von selbstgenutztem Wohneigentum schon lange ein Dorn im Auge und seit Jahren ein Thema. Nun scheint es wieder einmal einen Lichtblick zu geben: Der Ständerat hat am 21. September 2021 die Gesetzesrevision mit einer knappen Mehrheit unterstützt. Die Besteuerung des Eigenmietwerts soll auf Bundes- und Kantonsebene abgeschafft werden.
VON STEFAN KESSLER
Zweimal ist die Idee bereits an der Urne gescheitert und mehrfach im Parlament. Nun will der Ständerat den umstrittenen Eigenmietwert erneut abschaffen. Er hat einer entsprechenden Vorlage als Erstrat mit 20 zu 17 Stimmen bei 2 Enthaltungen zugestimmt.
Jetzt geht die Vorlage in den Nationalrat bzw. vorgängig noch in die nationalrätliche Kommission. Wenn sich die beiden Räte einigen, kann aber immer noch das Referendum ergriffen werden (50’000 Unterschriften innert 100 Tagen). Falls das Referendum zustande kommt, kommt die Vorlage vors Volk. Dies bedeutet, dass es so oder so noch einige Zeit dauern wird, bis der Eigenmietwert abgeschafft wird, wenn überhaupt.
Um was geht es genau? Die Idee des Eigenmietwertes ist, dass die Eigentümer einer selbstgenutzten Liegenschaft (Einfamilienhaus, Eigentumswohnung) einen geschätzten Mietertrag als Einkommen versteuern müssen (steuerbarer Ertrag aus unbeweglichem Vermögen), der aus einer Vermietung an Dritte resultieren würde.
Durch den Eigengebrauch wird ein geldwertiger Nutzen geschaffen (Einsparung der Miete). Dafür können die Kapital- und Bewirtschaftungskosten in Abzug gebracht werden. Es geht also um eine steuerliche Gleichbehandlung.
Aber für viele Eigenheimbesitzer*innen ist der Sinn und Zweck der Besteuerung eines als «fiktiv» empfundenen Einkommens schwer nachvollziehbar, wenn überhaupt. Sie sehen sich als benachteiligt. Kritik kommt besonders von den Rentnern*innen, was verständlich ist. Der Saldo zwischen dem Eigenmietwert und den Abzügen ist immer noch beachtlich und gilt als Einkommen.
Zudem besteht so auch kein Reiz zu amortisieren, was die hohe private Verschuldung erklärt (Hypotheken-Weltmeister). Im Übrigen ist die Schweiz das einzige Land in Europa, das einen Eigenmietwert als Einkommen besteuert.
Wie werden die Eigenmietwerte festgelegt?
Durch die Steuerbehörde. Diese hat verschiedene Grundsätze bei der Berechnung der Steuer zu berücksichtigen (z.B. Gebäudeversicherungswert, Wohnlage, Fläche, Baujahr usw.).
Die gesetzliche Grundlage für den Eigenmietwert findet sich im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG). Im Artikel 21 liest man: «Steuerbar sind die Erträge aus unbeweglichem Vermögen, insbesondere: b) der Mietwert von Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen, die dem Steuerpflichtigen aufgrund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch zur Verfügung stehen.»
Zudem legen die Kantone weitere Bestimmungen in den eigenen Steuergesetzen fest. So ist zum Beispiel im Steuergesetz des Kantons Zürich der Eigenmietwert auf maximal 70 Prozent des Marktwertes festzulegen, um so die Eigentumsbildung und Selbstvorsorge zu fördern. Im Weiteren heisst es im Zürcher Steuergesetz, dass die Qualitätsmerkmale der Liegenschaften, die im Falle der Vermietung auch den Mietzins massgeblich beeinflussen würden, entsprechend zu berücksichtigen sind.
Nun, das letzte Wort ist wie gesagt noch nicht gesprochen. Bislang wurde jedenfalls noch kein mehrheitsfähiger Systemwechsel gefunden. Wir werden es sehen.