Wohngenossenschaften, ein Mischmodell aus Eigentum und Miete: Der dritte Weg im Bereich Wohnen?
VON LAETITIA NEIER
Die steigenden Mietpreise in der Schweiz, der wahrscheinliche langfristige Mangel an Wohnungen (aufgrund des stetigen Bevölkerungswachstums), der Mangel an Bauland sowie die Rückstufung von Grundstücken z. B. in Landwirtschaftszonen eröffnen zahlreiche Überlegungen im Bereich des Wohnens. Um diesen Herausforderungen zu meistern, sind die Wohngenossenschaften entstanden. Diese Wohnform zwischen Eigentum und Miete wird immer beliebter, besonders im Kanton Zürich und in der Westschweiz. Wohngenossenschaften bilden derzeit 5% des Schweizer Immobilienbestandes. Die Grundlage einer Wohngenossenschaft ist ein Verein, ein Zusammenschluss von Personen, die gemeinsam Wohnungen bauen wollen, mit erschwinglichen Mieten und Herstellungspreisen und ohne Immobilienspekulation. Es gibt verschiedene Genossenschaftsgrössen. Manche verwalten mehrere Gebäude und entwickeln Projekte, andere besitzen nur ein kleines Gebäude.
Diese Unterkunftsart entstand tatsächlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der industriellen Revolution. Man wollt den Arbeitern bessere Lebens- und Wohnbedingungen anbieten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele Genossenschaften gebaut. Ende des 20. Jahrhunderts erwachte das Interesse an diesen Strukturen wieder. Bei jeder Wirtschaftskrise schiessen neue Ideen und Vorschläge wie Pilze aus dem Boden, so sind auch Wohngenossenschaften geboren. Sie beruhen auf den Grundsätzen der Solidarität unter den Genossenschaftern, der Eigenverantwortung, der gegenseitigen Hilfe oder der demokratischen Verwaltung, da wichtige Entscheidungen an den Generalversammlungen getroffen werden. Die Mitglieder kaufen ihre Wohnung nicht, sondern sind durch die von ihnen erworbenen Anteilen Miteigentümer des Gebäudes.
Aber was sind eigentlich die Vorteile der Wohngenossenschaften? Erstens werden die Mieten auf der Grundlage der tatsächlichen Baukosten festgelegt, was etwa 20% günstiger ist, als auf dem freien Markt. Sie wollen gegen missbräuchliche Mieten kämpfen. Ausserdem können die Genossenschafter dort so lange wohnen, wie sie wollen und müssen keine Mieterhöhung befürchten. Die zukünftigen Bewohner legen ihr Kapital zusammen und sind beim Erwerb eines Grundstücks oder Gebäudes wettbewerbsfähiger, da die Mittel kombiniert werden.
Beim Bauen werden oft umweltfreundliche Lösungen und nachhaltige Materialien bevorzugt. Häufig werden auch technologische Innovationen entwickelt. Es können verschiedene Zuschüsse bezogen werden, da diese Vereine als gemeinnützige Bauherren gelten und für die Gemeinden eine gute Möglichkeit sind, ihr Wohnungsangebot zu erweitern. Da das „Zusammenleben“ im Vordergrund steht, betonen die Genossenschaften die Mischung der Bevölkerung und der Altersgruppen: eine Antwort auf die Probleme der Durchmischung in bestimmten, zu teuren Vierteln zum Beispiel. Diese Gebäude werden auch oft besser gepflegt, als die meisten, da sie auf Langfristigkeit ausgerichtet sind.
Die Wohngenossenschaften bieten also eine Alternative zu den beiden wichtigsten Arten des Wohnens, Eigentum und Miete. Allerdings muss man bereit sein, im Leben einer Gemeinschaft einzutauchen und sich an deren Prinzipien zu halten. Eine der grössten Herausforderungen für eine junge Genossenschaft ist es, Bauland zu finden. Die Gemeinden helfen ihnen oft, indem sie ihnen Baurecht gewähren, aber auch hier fehlt es oft an Bauland. So ist es immer sicherlich hilfreich für die Wohngenossenschaften, einen Blick auf die zu verkaufenden Grundstücken bei den Maklern zu werfen.